Grosses Waldfest  
     
 

 

Merkwürdig, sie konnte sich nicht erinnern, dass sie hier im Walde schon einmal ähnliches erlebt hätte. Am Stamm der alten Eiche war auf einem grossen Klettenblatt eine Bekanntmachung angeschlagen. Die Borkenkäfer hatten zierliche Buchstaben hineingefressen.

        Die Alte nahmen die Brille aus dem Strickbeutel und buchstabierte mit viel Mühe, was da stand. Ein Einladung für alle kleinen Tiere zu einer Versammlung. Die Haselmaus überlegte, ob sie denn nun eher ein grosses oder ein kleines Tier sei, und obwohl sie sich für eher gross hielt, war sie doch zu neugierig um nicht hinzugehen.

        Die Geladenen waren in grosser Zahl erschienen, so dass die Waldlichtung bald dicht bevölkert war. Die Eule, die sich in der hohlen Ulme häuslich eingerichtet hatte, führte den Vorsitz und zum Zeichen, dass die Sitzung begann klopfte der Specht laut.

        "Meine lieben Freunde", begann die Eule "wie ihr wisst, hat der Schmetterlingsprinz sich mit der Prinzessin Morgenrot, der Tochter des Elfenkönigs, verlobt. Weil wir mit beiden Völkern freundschaftlich verbunden sind, wäre es doch sicher angebracht ein Fest zu Ehren des jungen Paares zu geben. Ich bitte nun, die verehrten Anwesenden um ihre Stimme."

  Es erhob sich ein Zwitschern, Schnattern, Piepsen , Lispeln und Krächzen. Trotz des Durcheinanders konnte man aber ganz deutlich vernehmen, dass die Zustimmung fast einstimmig war. Nur der Kuckuck war dagegen. Die Eule wurde weiterhin zur Vorsitzenden gewählt, weil sie doch als einzige einige Zeit in der Stadt gehaust hatte und viel Erfahrung hatte mit Festen.

        Nach langem Hin und Her hatte man sich über die Festordnung geeinigt und darüber, dass der Festplatz prachtvoll geschmückt werden sollte. Nach einem grossen Festkonzert sollten dort auch allerlei Lustbarkeiten stattfinden.

        Die musikalische Leitung sollte die Nachtigall übernehmen. Damit hatte man eine gute Wahl getroffen, denn die junge Künstlerin hatte an verschiedensten Stellen eine vorzügliche Ausbildung genossen. Der Kuckuck sollte die humoristische Einlage organisieren und freute sich nun doch, denn Schabernack war ganz in seinem Sinne. Die Eule übernahm die Beleuchtung, auf Grund ihrer Stadterfahrung.

        Auf der Waldlichtung, die man für dieses Fest ausgesucht hatte begann in den nächsten Tagen ein Proben und Basteln, Nagen und Tragen...

        Nein, so etwas hatte es seit über 100 Jahren nicht mehr gegeben in diesem Wald.

        Die Spinnen hatten aus feinster Seide Teppiche und Schleier  gewoben. Die Eichhörnchen nagten herrliche Holzsäulen. Aus Rosenblättern wurden zwei grossartige Thronsitze hergestellt, die gar lieblich dufteten.

 

        Das Brautpaar hatte die Einladung angenommen und erschien mit dem ganzen Hofstaat. Zwerge und Elfen, Schmetterlinge und Feen. Alles was hüpfen, laufen, kriechen oder springen konnte, fand sich auf den Festplatz ein. Es war eine bunte, sehr interessante Gesellschaft.

        Zuerst zeigten die Eichhörnchen ihre Künste, kletterten hohe Stangen empor und sprangen in weitem Bogen durch die Luft, purzelten eins über das andere und trieben allerlei Kurzweil.

 

        Dann kam ein ganzer Schwarm zart beflügelter Tänzerinnen angeflogen, gleich einer Wolke schwebten sie empor und umflatterten, das jungen Paar huldigend, das Königszelt. Bald schwirrten sie bunt durcheinander um gleich darauf wieder Paare zu bilden, tanzend im schönen Takt der Musik.

        Dann kam das Feuerwerk, eine Kugel erhob sich in die Luft und leuchtete bald hell auf um in Tausenden von kleinen Funken wieder zur Erde zu fallen, dazu ertönte ein lautes Geknatter. Die Spechte und die Glühwürmchen hatte diese Nummer lange geprobt.

 Einen Augenblick lang wurde es danach ganz still und dunkel, dann aber leuchteten mit einem mal entlang der    Äste Tausende und Abertausende von Lichtern auf  die sich in grünem, blauem, rotem und weissem Licht abwechselten. Johanniswürmchen und Leuchtkäfer, die diese Idee hatten sassen in langen Reihen auf den Bäumen und deckten abwechselnd ihre Laternchen mit Rosen-, Vergissmeinnicht- oder jungen Buchenblättern ab, so dass ein herrliches Lichtwerk erschien.

        Das Fest ging zu Ende. Der junge König erhob sich und hielt eine Ansprache, denn  er legte besonderen Wert auf Einigkeit zwischen den Waldbewohnern.

                                              

        Dann zog sich das Brautpaar zurück, aber in den Wipfeln der Bäume war noch die ganze Nacht ein geheimnisvolles Flüstern zu hören. Es waren die Blätter die noch viele Tage von dem herrlichen Waldfest träumten.

 

 
     
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