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 21. Dezember
 
 

 

 

Sankt Nikolaus in Not - Teil 2

Sankt Nikolaus sah auf einmal, dass sie vor Cäciliens Haus standen, und legte mahnend den Finger auf den Mund. Doch das Kind hatte die warme, brummende Stimme gehört wie Hummelgesumm, machte grosse Augen unter dem goldenen Lockenkopf, glitt ans Fenster, schob die Gardinchen weg und sah Sankt Nikolaus, den wirklichen Sankt Nikolaus.

Das Kind stand mit offenem Mund staunend da. Und während es sich gar nicht fassen konnte über den goldenen Bischofsmantel, der funkelte von bunten Edelsteinen wie ein Garten, über die Pracht der Mitra, worauf ein diamantenes Kreuz Licht in die Nacht hinein schnitt wie ein Messer, über den Reichtum der Ornamente am Krummstab, wo ein silberner Pelikan das Rubinenblut pickte für seine Jungen, während sie die feine Spitze besah, die über den purpurnen Mantel schleierte, während sie Gefallen fand an dem guten weissen Eselchen, und während sie lachen musste über die Grimassen des drolligen, schwarzen Knechtes, der die weissen Augen herumrollte, als ob sie lose wie Taubeneier in seinem Kopf lägen, während alledem hörte sie die beiden Männer also miteinander reden:

"Ist denn gar nichts mehr in den Körben, lieber Ruprecht?"    "Nein, heiliger Herr, so wenig wie in meinem Geldsäckel." "Sieh doch einmal gut nach, Ruprecht!"

"Ja, heiliger Herr, und wenn ich die Körbe auch ausquetsche, so kommt doch nicht soviel heraus wie eine Stecknadel."

Sankt Nikolaus strich kummervoll über seinen schneeweissen Lockenbart und zwinkerte mit seinen honiggelben Augen.

 

"Ach", sagte da der schwarze Knecht, "as ist doch nichts mehr zu machen, Herr. Schreib der kleinen Cäcilie, dass sie im kommenden Jahr doppelt und dreifach soviel kriegt."

"Niemals, Ruprecht! Ich sollte der kleine Cäcilie, das bravste Kind auf der ganzen Welt, leer ausgehen lassen und ihm eine schlechte Meinung von mir beibringen? Nie, Ruprecht, niemals!"

Knecht Ruprecht rauchte heftig, das brachte ihn auf gute Gedanken und so sagte er plötzlich: "Aber Herr, nun hört einmal zu! Wir haben keine Zeit mehr, um noch einmal in den Himmel zurückzukehren, Ihr wisst, für Petrus ist der Himmel kein Taubenschlag. Und ausserdem, der Backofen ist kalt und der Zucker zu Ende. Und hier in der Stadt schläft längst alles, und es ist Euch sowohl wie mir verboten, Menschen zu wecken, zudem sind auch alle Läden ausverkauft."

Sankt Nikolaus strich nachdenklich über seine, von vier Falten durchzogene, Stirn neben der schon Löckchen glänzten, denn sein Bart begann dicht unter dem Rande seines schönen Hutes.

Ich brauche Euch sicherlich nicht zu erzählen, wie Cäcilie immer bekümmerter wurde ob all der Worte. Das reiche Schiff sollte nicht bei ihr stranden? Und auf einmal schoss es leuchtend durch ihr Köpfchen. Sie machte die Tür auf und stand in ihrem zerschlissenen Hemdchen auf der Schwelle. Sankt Nikolaus und Knecht Ruprecht fuhren zusammen wie die Kaninchen. Doch Cäcilie schlug ehrerbietig ein Kreuz, stapfte mit ihren blossen Füssen in den Schnee, und ging zu dem heiligen Kinderfreund hin. "Guten Tag lieber Sankt Nikolaus", stammelte das Kind. "Alles ist noch nicht ausverkauft... bei Trinchen Mutser steht noch ein Schokoladenschiff vom Kongo.... als sie die Läden vorgehängt hatte, stand es noch da. Ich habe es gesehen!"

Von seinem Schreck sich erholend, rief Sankt Nikolaus erfreut: "Siehst du wohl! es ist noch nicht alles ausverkauft! Auf zu Trinchen Mutser! Zu Trinchen... aber ach!" ... und seine Stimme zitterte verzweifelt, "wir dürfen niemanden wecken."

"Ich auch nicht?" fragte das Kind.

"Bravo" wir sind gerettet" rief der Heilige "kommt!"

Und sie gingen mitten auf der Strasse, die kleine Cäcilie mit ihren blossen Füsschen voran, geradewegs zur Eierwaffelstrasse, wo Trinchen wohnte. In der Süssrahmbutterstrasse wurde ihr Blick auf ein erleuchtetes Fenster  gelenkt. Auf dem heruntergelassenen Vorhang sahen sie den Schatten eines dürren langhaarigen Menschen, der mit einem Büchlein und einer Pfeife in der Hand grosse Gebärden machte und sein Mund ging dabei auf und zu.

"Ein Dichter" sagte Sankt Nikolaus und lächelte.

Sie kamen vor Trinchens Haus. Im Mondlicht konnten sie gut das Aushängeschild erkennen "Zum verzuckerten Nasenflügel".

"Weck sie rasch auf", sagte Sankt Nikolaus. Und das Kindchen lehnte sich mit dem Rücken an die Tür und klopfte mit der Ferse ans Holz.

Aber das klang so leise wie ein Samthämmerchen. "Stärker" sagte der schwarze Knecht.

"Wenn ich noch stärker klopfe, wird's noch weniger gehen, denn meine Füsse tun mir weh" sagte das Kind. "Mit den Fäusten" meinte daraufhin Knecht Ruprecht. Doch die Fäustchen waren noch leiser als die Fersen.

 

 

Ja, wie das wohl enden mag? Morgen werden wir es erfahren denke ich....

 

 

 

 

 

 

 

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